Von der Stadtgründung an lebten in Lwiw (Lemberg) Deutsche. Sie bildeten eine eigene, von den Ruthenen (Ukrainern) und Armeniern abgegrenzte Stadtgemeinde. Von 1300 bis 1330 war Berthold Stecher der erste deutsche Bürgermeister. Gerade unter seiner Leitung wurde in Lemberg die Tradition des Magdeburger Stadtrechts eingeführt. Auch die Kirche Maria im Schnee, die sich im Stadtzentrum von Lwiw befindet, wurde von ihm gestiftet. Im Mittelalter gehörten die Deutschen in Lemberg zu den herrschenden und begüterten Vertretern namhafter Geschlechter. Doch bereits im 16. Jh. begann die Entgermanisierung Lembergs und das mittelalterliche Deutschtum wurde polnisch.
Als 1772 Galizien an Österreich fiel, kamen deutsche Siedler in dieses Land. Die Zeit von 1772 bis 1867 nennen Historiker eine österreichisch-deutsche Entwicklungsphase der Stadt Lemberg. Alle wichtigen Entscheidungen werden von der Zentralverwaltung in Wien und von der von Deutschen dominierten Stadtverwaltung getroffen, und der Stadtrat, in dem man verschiedene Sprachen sprach, hatte sehr eingeschränkte Selbstverwaltungsrechte. Deutsch war die Amtssprache. Außerdem spielten deutsch-österreichische Beamte, Professoren, Lehrer, Ärzte, Kaufleute und Handwerker die Hauptrolle im wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Leben dieser Region.
1784 wurden in Lemberg die Universität und das akademische Gymnasium gegründet. Deutsche Zeitungen und Zeitschriften wurden gedruckt. Neben einem sehr bescheidenen polnischen Theater gab es Aufführungen des professionellen deutschen Theaters, das sich seit 1842 in dem von Graf Skarbek errichteten und durch den Wiener Universitätsprofessor Johann Salzmann ausgebauten Gebäude befand. 1830 wurde das Konservatorium gegründet.
In der Zeit, als 1867 der Stadt die regionale Autonomie verliehen wurde, und bis 1918 konnte man Lemberg eine österreichisch-polnische Stadt nennen. Danach waren hier die Polen vorherrschend, der deutsche Einfluss wurde entweder verdrängt oder immer schwächer, da sich ein massenhafter Abzug oder eine Polonisierung des deutschen Beamten- und des Bürgertums einstellte. Der Ausbau der Stadt, der in der ersten Phase begonnen hat, wurde fortgeführt, Lemberg wuchs immer weiter und entwickelte sich zu einer der bedeutendsten österreichischen Städte.
Zu einem Kern des Deutschtums in Lemberg wurde zwischen 1778 und 1939 die deutsche evangelisch-lutherische Kirchengemeinde. Von 1803 bis 1918 befand sich in der Kirche St. Ursula eine für die Galizier und Bukowiner gemeinsame Lemberger byw. Galizisch-Bukowinische Superintendentur des Augsburger und Helvetischen Bekenntnisses, die ein Teil der evangelischen Kirche des Augsburger und Helvetischen Bekenntnisses Österreichs war.
1808 wurde bei der Kirche in Lemberg eine deutsche Volksschule gegründet. 1878 entstand das Schulgebäude, das heute unter der Adresse Lewyzkoho 18 zu finden ist.
1918 wurde auf der Grundlage der deutschen Volksschule ein Gymnasium gegründet.
Zwischen den beiden Weltkriegen waren die Kirche und das Gymnasium bis 1939 ein Zentrum des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens galizischer Deutscher. Hier lernten nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern versammelten und betätigten sich aktiv zahlreiche Kulturgesellschaften und öffentliche Verbände. Deutsche Gemeinde besaß einen Sportklub, ein Amateurtheater, einige Chöre, einen Frauenklub, einen Temperenzverein und ein Bodenverwaltungsamt.
Das Bodenverwaltungsamt verband deutsche Landwirte und führte seine Versammlungen unter den Adressen Selena 11 a, Kochanowskoho (heute Lewyzkoho) 18 und Pekarska 59 a durch. Im Hause mit der Adresse Selena 13 nahm das Sekretariat der Zeitung „Zeitweiser des Bundes der christlichen Deutschen in Galizien“ vier Zimmer ein; der Bund wurde 1907 durch drei Bewohner von Przemyśl gegründet: Amtmann Ju. Pernhofer von Berenkron, Polizeikommissar P. Naibeck und Veterinär J. Schmidt. In der Straße Kochanowskoho (heute Lewyzkoho) Nr. 23 befand sich ein Gebetshaus und die Kirchenkanzlei der deutschen mennonitischen Gemeinde Lemberg-Kernyzja.
Deutsche evangelische Gemeinden Südgaliziens und Lembergs wurden im Winter 1939/1940 wegen der Übersiedlung der Deutschen aus diesem Teil Galiziens nach Polen aufgelöst.